Was braucht ein Mensch in einer Krise?
Er braucht eine gesunde Frustrationstoleranz. Das ist die Fähigkeit frustrierende Ereignisse auszuhalten, also mit Enttäuschungen gut umzugehen, auch über längere Zeit.Frust ist ein emotionaler Zustand, der auftritt, wenn eigene Erwartungen nicht erfüllt werden. Psychologisch gesehen ist Frust auch die Reaktion auf ein Erlebnis, bei dem man sich benachteiligt sieht. Auf Frustration reagieren wir oft enttäuscht, verärgert, aggressiv, verbittert, demotiviert, deprimiert. Freud sagte: "Je stärker die Frustration, desto intensiver die Aggression."
Also, entweder ich gehe zum Angriff über oder ziehe mich deprimiert zurück. Das sind beides kindliche Verhaltens- und Überlebensmuster auf frustrierende Situationen.
Frustrationstoleranz ist nicht angeboren, sie entsteht durch Erziehung. Wenn zum Beispiel Eltern ihr Kind überbehüten und nicht ermutigen Misserfolge und Niederlagen auszuhalten, wird es später eine geringe Frustrationstoleranz haben. Oder wenn Kinder grundsätzlich unterversorgt werden und ihr Erlebensumfeld geprägt ist mit Misserfolgen und Niederlagen, können sie auch keine gesunde Frustrationstoleranz entwickeln.
Eine geringe Frustrationstoleranz zeigt sich z.B. folgendermaßen: Menschen regen sich ständig über Ungerechtigkeiten auf, jammern und beschweren sich. Menschen greifen zu Essen, Alkohol, Drogen, um das Frustgefühl besser zu ertragen. Menschen fühlen sich hilflos und werden depressiv, weil sie nicht bekommen, was sie möchten... und noch einiges mehr...
Im klinischen psychiatrischen Bereich findet man eine niederige Frustrationstoleranz zum Beispiel bei Menschen mit emotionalen und stofflichen Abhängigkeiten, Essstörungen, Depressionen, dissoziale Persönlichkeiten (das sind z.B. Menschen, die sich an soziale Regeln nicht halten können)... nur um einige Störungsbilder zu benennen.
Wenn ein Mensch eine Krise nicht aushalten kann, dann lernt er auch nicht, Krisen bewältigen zu können. Wenn ein Mensch eine Krise bewältigt, dann wächst er in seiner Kraft und in seinen Möglichkeiten.
Ein erwachsener Mensch mit einer gesunden Frustrationstoleranz besitzt die Fähigkeit seine daraus entstehenden Emotionen zu erkennen und zu regulieren. Das heißt, er kann emotionalen Abstand schaffen und die Situation sachlich betrachten und beurteilen, um dann adäquat darauf zu reagieren, das heißt, er versteht die unerwünschte Situation und ist in der Lage sie auch durchzuhalten.
Wie man das üben kann:
- Ein Frusttagebuch führen. Indem ich meine Gefühle beobachte, die durch die Situation entstehen und auch meine dazugehörigen Gedanken definiere. Ein Beispiel: "Ich würde jetzt gerne ins Restaurant gehen und kann nicht wegen Corona"... was ist mein dazugehöriges Gefühl? Vielleicht kommt Trauer oder Wut hoch. Und was kommt dazu jetzt gedanklich: ICH DARF NICHT MACHEN, WAS ICH WILL! ICH BIN NICHT FREI! = Diese emotionale / Kognitive Wahrnehmung entspringt der kindlichen Ebene.
Jetzt schauen wir mal weiter (das ist für viele Menschen der schwierigere Teil.): Was ist da noch dahinter...? Vermutlich: HILFLOSIGKEIT! = Ich kann die Situation nicht verändern, muss sie akzeptieren = ICH HABE KEINE KONTROLLE! ICH BIN EIN OPFER!
Lösung: Ich nehme das Gefühl von Hilflosigkeit wahr und lasse es da sein. Ich nehme den Kontrollverlust wahr und lasse los. Wenn dazu Emotionen hochkommen oder vielleicht sogar ein Gefühl "zu sterben", ist es gut. = Auflösen der kindlich emotionalen Ebene. - Erst wenn ich aus der Emotion draußen bin (vorher gelingt das nicht), versuche ich die Situation real zu betrachten. Im Beispiel: "Die Restaurants sind zu, da es eine Pandemie gibt. Diese Pandemie hat nichts mit mir persönlich zu tun, sie betrifft mich lediglich und auch die Menschen auf der ganzen Welt. Die Restaurants sind zu, da diese Maßnahme mich und auch andere schützen soll. Ich lebe als Mensch in einem sozialen Kollektiv und das erfordert auch gegenseitige Rücksichtnahme." = Diese Wahrnehmung entspringt der erwachsenen sachlichen Ebene.
- Ich schaue aus meiner erwachsenen Ebene auf das, was ich gerade alles habe, anstatt auf das, was gerade nicht geht (vielleicht auch mal im Vergleich gegenüber vielen anderen Ländern dieser Erde). Übe mich in Dankbarkeit für das, was in der jetzigen Generation (im Gegensatz zur Zeit meiner Eltern und Großeltern) für mich schon alles möglich war und vermutlich auch wieder sein wird. Schreibe mir mal alles Positive, was ich in meinem Leben habe, auf und entwickele Ideen, wie ich dies alles nährend für mich nutzen kann.
- Ich verinnerliche die Weisheit von Abraham Lincoln: "Auch das geht vorüber."
veröffentlicht am 12.04.2021 · alle News-Meldungen anzeigen